Das Leben eines Endes

von | 25.05.2016 | Buchpranger, Sach- und Fachbücher

Nachdem Zeilenschwimmerin Ronja auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse die neue Michael-Ende-Biographie entdeckt hatte, war sie natürlich satanarchäolügenialkohöllisch neugierig, was drin steht …

Michael Ende wurde durch seine Kinder- und Jugendbücher international bekannt. „Die unendliche Geschichte“, „Momo“, „Jim Knopf“ und „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ sind nicht nur in Deutschland vielen ein Begriff, wenn nicht durch die Bücher selbst, dann durch die Verfilmungen. Michael Ende ist zwar einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller, aber ein großer Teil seines Werks und seines Lebens ist allgemein eher unbekannt.

m-ende-coverEigentlich wollte Michael Ende immer „mehr“ sein, als „nur“ ein Kinderbuchautor. Obwohl er sich dagegen ausgesprochen hat, Kinder- und Jugendliteratur für weniger wichtig zu befinden als Erwachsenenliteratur, hatte Ende sein ganzes Leben damit zu kämpfen, dass er eigentlich fürs Theater hatte schreiben wollen und ausgerechnet dort der Erfolg für ihn ausblieb.

Birgit Dankert zeigt in sieben Kapiteln die verschiedenen Seiten von Michael Ende: Schlechter Schüler und weltoffener Mensch. Erfolgreicher Kinderbuchautor und gescheiterter Dramatiker. Glücklich verheirateter Ehemann und doch Ehebrecher. Obwohl Birgit Dankert sich sichtlich bemüht hat, die Affären und Beziehungen Michael Endes möglichst respektvoll und so kurz wie möglich zu behandeln, scheint dies ein wichtiger Teil seines Lebens und seiner Persönlichkeit gewesen zu sein und nimmt dementsprechend auch etwas Raum ein. Bis auf eine Ausnahme – ein Zitat von Ende selbst auf Seite 86 – blieb jedoch kein traumatisierender Satz bei mir hängen.

Die nicht unwesentliche Frage, wie denn die Biographie geschrieben ist, kann ich wie folgt beantworten: gut. Sie liest sich flüssig und ist informativ, ohne überladen zu sein. Einige wenige Absätze sind durch in Klammern gesetzte biblio- und filmographische Angaben zu den entsprechenden Titeln etwas unschön zu lesen. Da dies jedoch nur ein sehr geringer Anteil ist und die Zitation aus fachwissenschaftlicher Sicht nicht nur nötig sondern auch korrekt ist, sollte dies eher als Vorzug dieser Biographie angesehen werden.

Schade ist dagegen, dass die wenigen Bilder, die integriert wurden, durch den Druck in schwarz-weiß nicht sonderlich gut zur Geltung kommen. Dafür ist die Biographie allerdings gut recherchiert. Neben den verbliebenen Angehörigen, Freunden und Bekannten, mit denen Birgit Dankert gesprochen hat, wurden zahlreiche Text-, Video- und Tonquellen verwendet. Auch Endes eigene Werke, bekannte wie unbekannte, sind mit eingebunden, inkl. Inhaltsangaben für alle, die den Inhalt dieser Werke nicht kennen oder manches seit der Lektüre vergessen haben.

Mit Hilfe dieser Quellen berichtet Birgit Dankert nicht von Endes Leben, sondern klärt auch seine Rolle für die Literatur, die Debatte über Realitätsflucht von Kindern durch phantastische Literatur und beleuchtet seine Persönlichkeit aus mehreren Blickwinkeln.

Ende Kenner können sich also über eine ausgeglichene Biographie freuen und alle, die sich zum ersten Mal näher mit der Person Michael Ende befassen wollen, können nun endlich mehr lesen, als das Internet preisgibt.

Michael Ende – Gefangen in Phantàsien. Birgit Dankert. Lambert Schneider Verlag. 2016.

 

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