Nach Korruption droht Spaltung

Im Zusammenhang mit der Buchmesse Turin sind Unregelmässigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen ans Licht gekommen. Ausserdem wird über einen Wechsel nach Mailand nachgedacht.

Henning Klüver
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Die italienische Buchmesse soll in Mailand durchgeführt werden. (Bild: Comune di Milano)

Die italienische Buchmesse soll in Mailand durchgeführt werden. (Bild: Comune di Milano)

Der Salone del Libro, der bisher in Turin stattgefunden hat, steht möglicherweise vor dem Aus. Nachdem bereits vor ein paar Monaten der frühere Stiftungspräsident wegen des Verdachts auf Veruntreuung zurücktreten musste, hat die Turiner Justiz vergangene Woche mehrere Personen festgenommen. Unter ihnen Führungskräfte der Messegesellschaft der Lingotto-Hallen, wo diese Buchmesse bisher veranstaltet wurde, sowie den Sekretär der Salone-Stiftung selbst.

Die Turiner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen angeblicher Manipulation von Ausschreibungen der Durchführung der Buchmesse von 2015 bis 2018. Dabei wurden möglicherweise geheime Informationen an ein Unternehmen weitergegeben, das sich so die Vergabe sichern konnte. Der Verwaltungsrat der Salone-Stiftung ist gesamthaft zurückgetreten. Ihm gehörten neben den Verlegern und einer Bankengruppe auch Vertreter der Stadt Turin, der Region Piemont sowie des römischen Kulturministeriums an.

Der italienische Verlegerverband Associazione Italiano Editore (AIE) mit Sitz in Mailand hat jetzt an einer Sitzung seines Hauptausschusses beschlossen, eine eigene Buchmesse schon vom nächsten Mai an in der lombardischen Metropole durchzuführen, wo auch die grössten Verlagsgruppen ihren Sitz haben. Dafür will die AIE eine neue Gesellschaft zusammen mit der Messe Mailand gründen.

Die Gesellschaft hätte neben der Durchführung einer nationalen Buchmesse die Aufgabe, weitere Massnahmen zur Förderung der Buch- und Lesekultur zu ergreifen. Dazu gehören der Ausbau einer Messe für kleinere und mittlere Verlage, die bereits jeweils Anfang Dezember in Rom stattfindet, sowie neue Initiativen in Süditalien.

Der Hauptausschuss der AIE zeigte sich jedoch gespalten. Den vom Präsidenten Federico Motta eingebrachten Antrag, die Messe nach Mailand zu verlegen, unterstützten siebzehn Vertreter (darunter Grossverlage wie Mondadori oder die Gruppe Mauri Spagnol), sieben Verleger votierten dagegen, acht enthielten sich der Stimme.

Motta unterstrich anschliessend, es handele sich nicht um einen Zweikampf zwischen Mailand und Turin, sondern um «unser Projekt, ein Projekt der Verleger». Etwas Neues sei geplant, es gehe nicht um einen «Umzug». Carlo Feltrinelli, der gegen den Antrag gestimmt hatte, kritisierte, dass man so die Buchkultur in Italien «nicht zusammenhalten, sondern trennen» würde. Kritik kam auch vom Kulturministerium aus Rom, das sich weiterhin Turin als Standort der nationalen Buchmesse wünscht.

In Piemont reagiert man auf die drohende Spaltung mit einem Plan zur Stärkung des Salone del Libro. Dieser soll ebenfalls und wie seit dreissig Jahren im Mai durchgeführt werden. Die Konkurrenz zwischen Mailand und Turin könnte nun das Geschäft lähmen.