Lemberg und die Kulturgeschichte:Stadt ohne Gedächtnis

Lemberg und die Kulturgeschichte: Lutz C. Kleveman: Lemberg. Die vergessene Mitte Europas. Aufbau Verlag, Berlin 2017. 315 Seiten, 24 Euro. E-Book 17,99 Euro.

Lutz C. Kleveman: Lemberg. Die vergessene Mitte Europas. Aufbau Verlag, Berlin 2017. 315 Seiten, 24 Euro. E-Book 17,99 Euro.

Der Journalist und ehemalige Kriegsreporter Lutz C. Kleveman erzählt die Geschichte Lembergs im Jahrhundert der Gewalt. Bei seinen Recherchen stieß er auf ein "schwarzes Loch" des kollektiven Gedächtnisses im Herzen Europas.

Von Volker Breidecker

Nach zwei Weltkriegen, nach Pogromen, Massenmord und Genozid, nach Vertreibungen und Deportationen war die galizische Vielvölkermetropole Lemberg ihrer Stammbewohnerschaft entleert. Bis dahin hatte die Stadt so viele Namen getragen wie Sprachen auf ihren Straßen und Plätzen gesprochen wurden: Lemberg und Lemberik (deutsch und jiddisch), Lviv (ukrainisch), Lwów (polnisch), Lvov (armenisch und russisch), Ilyvó, (ungarisch), Liov (rumänisch), Leopoli (italienisch). Joseph Roth, aus dem nahen Städtchen Brody stammend, feierte Lemberg als "Stadt der verwischten Grenzen": Hier seien "alle Trennungsstriche" mit bloß "schwacher, kaum sichtbarer Kreide gezogen." Für den kreativen Mischmasch von Sprachen, Kulturen und Konfessionen prägte Roths Jugendfreund Józef Wittlin das schöne Verb "verlembergern".

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