Der umstrittene österreichische Literaturnobelpreisträger Peter Handke ist in seiner Nobelvorlesung nicht auf die Kritik an seiner Haltung zum Jugoslawienkonflikt eingegangen. Stattdessen richtete er sein Hauptaugenmerk in seinem Vortrag in der Schwedischen Akademie auf ein zentrales Werk aus seiner Schaffenszeit. "Spiele das Spiel. Sei nicht die Hauptperson. Such die Gegenüberstellung. Aber sei absichtslos. Vermeide die Hintergedanken. Verschweige nichts", zitierte Handke aus dem 1981 erschienenen Drama Über die Dörfer, das von einem Konflikt zwischen drei Geschwistern und dessen friedlicher Lösung handelt. "Der ewige Friede ist möglich", zitierte Handke die Figur Nova.

Handke sprach zudem über Erzählungen seiner Mutter ("Mir ist, als sei ich jeweils ihr einziges Publikum gewesen"), die letztlich den Anstoß zu seiner fast lebenslangen Arbeit als Autor gegeben hätten. Seinen Vortrag beendete er mit einem Gedicht des schwedischen Literaturnobelpreisträgers Tomas Tranströmer, Romanische Bögen. Die Kontroverse um Handkes Aussagen zum Jugoslawienkonflikt blieb für den Abend in der Akademie unerwähnt.

Die Schwedische Akademie hatte im Oktober gleich zwei Literaturnobelpreisträger verkündet, nachdem im vergangenen Jahr wegen eines Skandals um sexuelle Belästigung an der Akademie kein Literaturnobelpreis vergeben worden war. Die Polin Olga Tokarczuk erhält den Preis für das Jahr 2018, Handke für 2019.  

Kritik an Handkes Haltung zum Jugoslawienkonflikt

Tokarczuks Auszeichnung war allgemein gelobt worden, die Auszeichnung Handkes war hingegen kontrovers diskutiert worden. Kritiker, darunter beispielsweise der gebürtig aus Bosnien stammende Schriftsteller Saša Stanišić, hatten dem Schriftsteller vorgeworfen, sich im Jugoslawienkonflikt stark mit Serbien solidarisiert und die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet zu haben. Bei der Beerdigung des sechs Jahre zuvor gestürzten serbischen Führers Slobodan Milošević hatte Handke 2006 eine Rede gehalten.

Eine Reihe von Organisationen um die Gesellschaft für bedrohte Völker hatte das Nobelkomitee der Schwedischen Akademie aufgefordert, Handke dazu zu bringen, sich öffentlich bei den Opfern des Völkermordes von Srebrenica und Bosnien zu entschuldigen. Wenn er nicht zu einer Entschuldigung bereit sei, solle das Komitee darauf bestehen, dass er auf den Preis verzichte.

Die Botschafterin des Kosovo in Schweden, Shkendije Geci Sherifi, will zudem nicht an der Nobelpreisverleihung am Dienstag teilnehmen. Sherifi boykottiere die Veranstaltung "wegen des umstrittenen Nobelpreisgewinners Peter Handke, eines Freundes und Anhängers der Politik von Milošević", schrieb der kosovarische Außenminister Behgjet Pacolli nach Angaben des schwedischen Senders SVT auf Facebook. Alle nach Schweden entsandten ausländischen Botschafter werden traditionell zu der Preisverleihung im Stockholmer Konzerthaus eingeladen.