Literatur:Das Werk Erich Maria Remarques fasziniert noch immer

Literatur
Der Schriftsteller Erich Maria Remarque in seinem Haus am Lago Maggiore. Foto: DB/dpa (Foto: dpa)

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Osnabrück (dpa) - Er beschrieb das Schicksal von Soldaten, die in Todesangst den Krieg erleben. Er schilderte, wie Menschen unter den Bedingungen einer Diktatur leben müssen, und er zeigte, wie es ist, aus der Heimat zu flüchten und sich woanders ein neues Leben aufbauen zu müssen.

Die Themen im Werk von Erich Maria Remarque sind heute so aktuell wie vor vielen Jahrzehnten. Der in Osnabrück geborene Schriftsteller starb vor 50 Jahren, am 25. September 1970, in einer Klinik im schweizerischen Locarno.

Auch fünf Jahrzehnte nach seinem Tod ist Remarques Werk ungemein populär, und das weltweit, sagt der Leiter des Osnabrücker Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrums, Thomas Schneider. "Die Beschäftigung mit Remarque hat sich in den vergangenen 20 Jahren international stark intensiviert."

In Deutschland ist der am 22. Juni 1898 geborene Autor wohl vor allem für seinen Antikriegs-Roman "Im Westen nichts Neues" bekannt. Das Buch schildert die Kriegserlebnisse einer verlorenen Generation junger Männer, die mit großem Enthusiasmus im Sommer 1914 in den Ersten Weltkrieg zieht, aber im Stellungskrieg auf den Feldern von Flandern und Nordfrankreich traumatisiert wird. Das ein Jahrzehnt nach Kriegsende veröffentlichte Werk wird sofort weltweit ein großer Erfolg. 1930 verfilmt Hollywood den Roman.

Remarque beschreibe einen einfachen Menschen in dieser existenziellen Situation: Was erleben Soldaten in einer solchen Konfliktlage, mit welchen Drohungen werden sie konfrontiert, welche Traumatisierungen tragen sie davon und welche Probleme haben sie, im Anschluss wieder in einer Zivilgesellschaft Fuß zu fassen, sagt Schneider. "Es ist die Qualität der Texte von Remarque, dass sie nicht auf einen historischen Zeitpunkt fixiert sind, sondern dass in ihnen allgemeingültig Probleme und Verhaltensweisen geschildert werden, die auf andere Zusammenhänge übertragen werden können", erklärt der Literaturwissenschaftler.

In verschiedenen Ländern seien dabei ganz unterschiedliche Romane Remarques populär. In Russland etwa sei der Roman "Drei Kameraden" am bekanntesten, in Korea wiederum der Roman "Arc de Triomphe", über einen emigrierten Arzt, der in Paris den Vorabend des Zweiten Weltkrieges erlebt. Überspitzt könne man sagen, dass jedes Land seinen eigenen Remarque habe, sagt Schneider.

Als Mensch sei Remarque zutiefst human und hilfsbereit gewesen. Als erfolgreicher und auch wohlhabender Schriftsteller habe er vielen Menschen geholfen, ob bei der Flucht aus Nazi-Deutschland, oder auch mit finanziellen Spenden an notleidende Schriftsteller, sagt Schneider. Diese Seite Remarques sei bis heute eher unbekannt, was auch an der ausgesprochen negativen Darstellung des Schriftstellers duch deutschnationale und rechtsextreme Kreise gelegen haben dürfte.

Der spätere NS-Propagandaminister Josef Goebbels erreichte schon 1930 den Verbot des Films "Im Westen nichts Neues". Nationalisten und Nationalsozialisten versuchten Remarque als Lügner darzustellen, der Autor habe nie am Ersten Weltkrieg teilgenommen. 1933 wurden seine Bücher schließlich in Deutschland verbrannt.

Aber auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges hätten rechte Kreise in Deutschland zu einem eher negativen Image Remarques beigetragen, sagt Schneider. Dabei bezogen sie sich nicht zuletzt auf den bohemehaften Lebensstil Remarques mit Beziehungen zu vielen Frauen, unter anderem mit Greta Garbo oder Marlene Dietrich. "Remarque war ein zutiefst humanistischer Mensch, der sein Leben genossen hat, und ich finde das auch in Ordnung", sagt Schneider dazu.

Zum Todestag eröffnet das Erich-Maria-Remarque Friedenszentrum in dessen Geburtsstadt Osnabrück eine Ausstellung zur aktuellen weltweiten Rezeption des Schriftstellers. Remarques Werk sei immer noch weltweit gegenwärtig, nicht nur in seinen Büchern, sagt Schneider. Die Schau zeigt Beispiele aus der Musik, dem Theater, der bildenden Kunst, dem Film bis zum Video.

Wie viele Verfilmungen es von seinen Werken gibt, wisse keiner, sagt Schneider. "Wir wissen von über 20." Bei der Recherche zur Ausstellung habe man von einer mehrteiligen Verfilmung des Romans "Drei Kameraden" aus dem Jahr 2009 des armenischen Fernsehens erfahren. In den vergangenen 20 Jahren seien mehr als 120 Theaterproduktionen entstanden - dabei habe Remarque nur ein einziges Drama geschrieben: "Es müssen also auch viele Bühnenadaptionen von Romanen dabei sein." Auch die Zahl von Videos sowohl von Profis als auch von Schülern, die sich mit Remarque beschäftigen, sei unübersehbar.

Seine Geburtsstadt Osnabrück würdigt ihren bedeutenden Sohn seit 1991 mit der Vergabe des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises an Schriftsteller, Wissenschaftler oder Publizisten. Alle zwei Jahre wird der mit 25.000 Euro dotierte Preis vergeben.

© dpa-infocom, dpa:200922-99-659254/5

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