Ausgerechnet der Weichselzopf sollte Gegenstand von William Davissons Studien werden, als er in das ferne, unzivilisierte Polen reiste. Dieses "seltsame Gebilde aus gekräuselten, verfilzten Haaren" also. In Details wie diesem wird die kluge Selbstironie der Olga Tokarczuk sichtbar. Ist die Literaturnobelpreisträgerin von 2018 doch selbst Dreadlocksträgerin. Konservative legen der Polin das gern als Affront gegen die nationale, christliche Identität des Landes aus. Davon sichtlich ungerührt macht Tokarczuk in ihrem neuen Buch Die grünen Kinder den Haarfilz (die plica polonica) fast beiläufig zum polnischen Kulturgut und stellt implizit die Machtfrage: Wer definiert das Eigene? Sind es die Traditionen, die volkstümlichen Lebensgewohnheiten der Menschen der "Peripherie"? Oder Männer des "Zentrums", kosmopolitische Vernunftmenschen wie William Davisson, ein in Paris lebender Schotte und Medicus Seiner Königlichen Majestät Johann Kasimir von Polen? Anders formuliert und in die Gegenwart übersetzt: Was Nationalisten für typisch polnisch halten, ist ein Zerrbild, zum Teil just durch jene Eliten erzeugt, gegen die der polnische Populismus heute zu kämpfen vorgibt.