Etwas in Amelia ist stehen geblieben seit jenem Donnerstag im Jahr 1969, mit dem Anna Burns’ Roman Amelia beginnt. Damals hatte die Siebenjährige noch die Augen verdreht, als die Spielfreundin wichtigtuerisch verkündet hatte, "in Derry isses losgegangen ... das heißt, dass wir nicht mehr hier spielen können". Aber schon eine Woche später waren auf der anderen Straßenseite im katholischen Belfaster Viertel Ardoyne 13 Häuser niedergebrannt.

Seither fliegt zwar permanent irgendetwas in die Luft, jahrzehntelang, aber das Leben selbst macht es wie Amelia: Es erstarrt. Es ist beim Thema Gewalt eingerastet und produziert Varianten des Immergleichen. Wir folgen dem Roman in Jahresetappen, er spielt zwischen 1969 und 1994 und berichtet von Morden auf der Straße, von nächtlichen Morden aus dem Hinterhalt, von einer zufälligen Rettung vor dem Mord unter einem Lieferwagen, von versuchtem Geschwistermord, von Geschwisterselbstmord. Drei Morde an einem Tag, und "alle sagten, wie furchtbar es sei, wie schlimm es sei, was für eine Verschwendung es sei, dass man sich ewig daran erinnern werde. Aber das stimmte nicht. Und das taten sie nicht. Alles wurde in den Schatten gestellt, immer aufs Neue, vom nächsten, jüngsten, brutalsten Todesfall."