Der Zar wird erwartet: Es ist bereits das dritte Mal, dass Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), der "letzte Universalgelehrte", wie er heute oft genannt wird, Peter den Großen trifft. Und auch dieses Mal, im Sommer 1716, macht er sich wieder große Hoffnungen.

Leibniz träumt, Russland werde sich nach Europa öffnen und ein Bindeglied zwischen der Welt des Westens und China bilden. In Bad Pyrmont, auf einer Trink- und Bäderkur, treffen sich der deutsche Philosoph und der russische Potentat schließlich. Und während Peter der Große dabei ist, allerhand Fachkräfte aus Deutschland abzuwerben – Schlosser, Baumeister, Zimmerleute –, denkt Leibniz über eine alternative Silberroute nach; es geht ihm um die lukrativen Märkte von China bis Südostasien. Die Strecke soll über den Ostseeraum führen, sozusagen das Nord-Stream-2-Projekt des frühen 18. Jahrhunderts. Aus dem Projekt wird nichts. Leibniz stirbt wenige Monate später; unter den vielen Titeln, die ihm zugesprochen worden sind, findet sich auch der eines "russischen Geheimen Justizrats".