Der Autor Salman Rushdie ist bei einer Veranstaltung in der Stadt Chautauqua im US-Bundesstaat New York auf der Bühne mit einem Messer angegriffen worden. Ein männlicher Verdächtiger sei auf die Bühne gestürmt und habe Rushdie sowie einen Interviewer attackiert, teilte die Polizei des Bundesstaats mit. Rushdie habe allem Anschein nach eine Stichwunde am Hals erlitten und sei mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er nach Angaben seines Agenten operiert wurde. Der Interviewer habe leichte Verletzungen am Kopf erlitten. 

Der Verdächtige sei noch am Veranstaltungsort festgenommen worden und befinde sich in Gewahrsam, teilte die Polizei weiter mit. Der Angreifer hatte ersten Erkenntnissen zufolge wohl keine Komplizen. "An diesem Punkt gehen wir davon aus, dass er allein war, aber wir versuchen sicherzustellen, dass dies der Fall war", sagte Polizeisprecher James O'Callaghan bei einer Pressekonferenz. Am Tatort sei ein Rucksack sichergestellt worden. Auch ersuche man eine Reihe von Durchsuchungsbefehlen.

New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul sagte in Buffalo, Rushdie sei am Leben und bekomme im Krankenhaus die Hilfe, die er benötige. Ein Polizist habe Rushdie das Leben gerettet. 

Auf Twitter verbreiteten sich rasch Videos von dem Angriff. Zu sehen war darauf, wie Besucher der Veranstaltung nach der Attacke auf die Bühne rannten, um Rushdie zu helfen. Eine Augenzeugin sagte der New York Times, es habe nur einen Angreifer gegeben. Er sei schwarz gekleidet gewesen und blitzschnell auf Rushdie zugerannt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP berichtete, der Angreifer habe zehn- bis 15-mal auf Rushdie eingeschlagen oder gestochen. 

Rushdie seit Jahren mit dem Tod bedroht

Die Hintergründe des Angriffs waren zunächst unklar. Ob die Attacke im Zusammenhang mit einer jahrzehntealten iranischen Fatwa gegen Rushdie steht, blieb zunächst offen.

Der iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini hatte Rushdie nach der Veröffentlichung von dessen Werk Die satanischen Verse in den Achtzigerjahren Blasphemie vorgeworfen und ein islamisches Rechtsgutachten erlassen, das zur Tötung des Schriftstellers und all derer aufrief, die an der Verbreitung des Buches beteiligt waren. Ein japanischer Übersetzer wurde später tatsächlich getötet. Rushdie musste untertauchen und erhielt Polizeischutz. Die Lage entspannte sich erst in den späten Neunzigerjahren, als die iranische Regierung erklärte, eine Ermordung Rushdies nicht zu unterstützen.

Rushdies Verlag teilte im vergangenen Jahr mit, dass die Fatwa inzwischen keine Bedeutung mehr für Rushdie habe. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Rushdie selbst hatte schon 2012 gesagt, es gebe keine Hinweise darauf, dass Menschen an dem mit der Fatwa verbundenen Kopfgeld in Höhe von rund drei Millionen Dollar interessiert sein könnten.

Drohungen und Boykotte gegen literarische Veranstaltungen, an denen Rushdie teilnahm, gab es jedoch immer wieder. Dass Rushdie 2007 von der britischen Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen wurde, löste im Iran sowie in Pakistan Proteste aus. Ein pakistanischer Minister sagte damals, die Ehrung durch die Queen rechtfertige Selbstmordattentate.

"Ein Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit"

Vertreter aus Politik und Kultur reagierten bestürzt auf den Angriff in Chautauqua. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, bezeichnete die Attacke als "Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit". Er hoffe, dass sich Rushdie schnell und vollständig erhole und der Täter zur Rechenschaft gezogen werde. Auch die Schriftstellervereinigung PEN verurteilte den "brutalen Angriff" auf Rushdie. Dieser sei ein geschätzter und gefeierter Autor und ein beliebtes Mitglied der PEN-Gemeinschaft, teilte deren Präsident Burhan Sömnez mit. Die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling schrieb von "schrecklichen Nachrichten". 

Rushdie wurde im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai, dem damaligen Bombay, geboren. Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch Mitternachtskinder, das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Insgesamt veröffentlichte Rushdie, der seit Jahren in New York lebt, mehr als 20 Romane, Sachbücher und andere Schriften. Sein Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben.