Neuer Asterix-Band: Der Schwächste siegt

Der neue Asterix-Band lässt seine Helden in Italien ein völkerverbindendes Wettrennen fahren.

Tobias Sedlmaier
Drucken
Im neuesten Band sind Asterix und Obelix in Italien unterwegs. (Bild: Egmont Ehapa Media GmbH)

Im neuesten Band sind Asterix und Obelix in Italien unterwegs. (Bild: Egmont Ehapa Media GmbH)

«Warum muss immer Asterix die Hauptrolle spielen?», beschwert sich Obelix zu Beginn von «Asterix in Italien» zu Recht bei seinem Häuptling Majestix. Denn abgesehen von dem Band, in dem der starke Hinkelsteinträger zum Grosskapitalisten aufstieg, und dem, worin er in ein kleines Kind verwandelt wurde, blieb Obelix vor allem der drollige Stichwortgeber unseres gallischen Lieblingshelden.

Diesmal aber fordert Obelix mehr Anteil am Abenteuer, schliesslich wurde ihm bei einem Besuch auf der Cebit («Celtisches Brauchtum und Innovative Technik») prophezeit, dass auch er einmal die Zügel in die Hand nehmen werde. Das ist ganz wörtlich gemeint, denn Obelix soll Wagenlenker beim «Transcaliga-Rennen» über die italienische Halbinsel werden. Dieses wurde vom faulenzenden römischen Verkehrssenator mit dem schönen Namen Lactus Bifidus ausgerufen, der damit nur über die Schlaglöcher auf den Strassen und die finanziellen Löcher, die die Orgien mit seiner Frau Mozzarella in die Staatskasse reissen, hinwegtäuschen will.

Etepetete und Rakete

So steht auch als Auslöser dieses kanonischen 37. Asterix-Heftchens der hochtrabende Plan eines Römers, der damit im Laufe der recht schematisch ablaufenden Geschichte hart auf der Schnauze landen wird. Schliesslich droht Caesar bei Misserfolg, den Zuständigen in die entlegensten Provinzen zu verbannen – und wie man weiss, hält Caesar stets sein Wort. Und wie gewohnt hat der römische Oberregent mit der markanten Nase nicht mit der Einmischung der Gallier gerechnet.

So treten Asterix und Obelix das Rennen von Monza nach Neapel an, das nach dem Willen Caesars eigentlich der Römer Caligarius gewinnen soll. Der grosse Favorit der Massen verbirgt sich hinter einer glockenförmigen goldenen Maske mit einem ausgeschnittenen Lächeln, was seine römischen Anhänger nicht daran hindert, ihn anzuhimmeln.

Auf dem Weg durch Italien wird alles abgegrast, was an lokalen Klischees vorbeirauscht: die Mücken im sumpfigen Venedig, Mode in Mailand, der Parmaschinken, den Obelix natürlich nicht in fein geschnittenen Streifen verspeist, sondern am Stück verschlingt, und auch das Stendhal-Syndrom, das Touristen angesichts der Schönheit von Florenz heimsucht. Die sprechenden Namen der Figuren sind wie üblich herrlich albern, da rast der teetassenhaltende Brite Madmax neben den schwarzen Frauen aus Kusch namens Etepetete und Rakete, während im Hintergrund Bleifus, der Beifahrer von Caligarius, seine finsteren Machenschaften spinnt.

Manchmal wirken die Witzchen in den Dialogen jedoch etwas forciert, als wäre der Comic selbst ein Wettbewerb, bei dem in jedes Bild so viele Wortspiele wie möglich gequetscht werden müssten. Dennoch setzt der Band, gerade zeichnerisch, mit seinen originellen Bildausschnitten und den phantasievollen Details die erfolgreiche Neuausrichtung mit dem Texter Jean-Yves Ferri und dem Zeichner Didier Conrad fort. Die beiden betreuen die Reihe seit dem Rückzug von Albert Uderzo, der Autor René Goscinny starb bereits 1977.

Alle haben sich lieb

In einer unruhigen Zeit, in der die Länder Europas krampfhaft ihre Identität suchen, scheinen die Macher erpicht auf Völkerverständigung. «Asterix in Italien» mag zwar auch eine Verbeugung vor Uderzos Leidenschaft für den Renn- und Motorsport sein. Doch wie in «Asterix bei den Olympischen Spielen» sind die Hauptfiguren in erster Linie Teilnehmer eines sportlichen Wettbewerbs zwischen rivalisierenden Kulturen. Gemeinsam ist allen dabei, dass die ihnen auferlegten Stereotype niemals gegeneinander ausgespielt werden. Sie werden allesamt gleichermassen durch den Kakao gezogen, und ihre Schwächen lösen sich stets noch in augenzwinkerndes Wohlgefallen auf.

Selbst wenn beim Rennen gemogelt wird, dass sich die Radkappen biegen, schwebt am Ende doch der Geist souveräner Fairness über dem Geschehen. Sogar der Schwächste wird am Ende ausgezeichnet. Und selbst Obelix kommt endlich zu seinem Recht – wenngleich es weiterhin Asterix ist, der die versöhnlichen Reden schwingen darf.

Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen): Asterix in Italien. Egmont-Ehapa-Verlag, Berlin 2017. 48 S., Fr. 17.90.