Alle Artikel von Volltext

Judasweg

Andrea Drumbl. Foto: Evamaria Giritzer Es war die Zeit der Honigmelonen und der leichten Kleidung, die Zeit des aufkommenden Sommers, und es war die Knabenhand, von der Elke träumte, und sein Mund, den sie in ihrer Vorstellung sich bewegen spürte, …

Vor Ort

Peter Henisch. Foto: Eva Schobel Die Versuchung, eine Geschichte zu schreiben, in der einer träumt, er würde K entführen. K und seine Klone (Klon*innen) in einem Kleinbus….

Der gespiegelte Blick

Felix Hartlaub auf einem vermutlich um 1936 entstandenen Foto. Foto: Archiv Melanie Hartlaub HANNE KNICKMANN Einen so unbestechlichen Blick wie von Felix Hartlaub, schrieb Hans Magnus Enzensberger 2019, habe es in der Literatur nach 1945 nicht mehr gegeben. Das Leben …

Sowjetische Witze

Julya Rabinowich. Foto: Michael Mazohl Marinas Hand hielt dunkelblaue Früchte verborgen. Die Handfläche war klein, kleiner als die Handflächen anderer Neunjähriger, und sie wurde in der Schule ausgelacht, weil sie immer noch Kindergartenkindfinger hatte….

„Prime speaker of the Holocaust“

In einer zunehmend weichgespülten Literaturlandschaft wächst das Bedürfnis nach literarischer Größe. Wo sind noch die Schriftsteller-Giganten, die früher den Stand der Dinge in Sachen Literatur definierten? Findet man sie nicht mehr vor Ort, sucht man im Ausland danach….

Die Entliterarisierung der Literatur

Daniel Wisser. Foto: Arnold Pöschl Nach vierzig Jahren permanenter Kommerzialisierung muss sich auch der Literaturbetrieb – was oder wer das auch immer ist – eingestehen, dass er nicht ewig dabei mitwirken kann, die Flutwelle, die ihn fortzuspülen droht, auch noch …

Andreas Maier: Neulich

Neulich war es also so weit, und mein Stammwirt starb. Wolfgang Wagner, der über sechzig Jahre die Apfelweinwirtschaft Zu den Drei Steubern in Frankfurt am Main, Dreieichstraße Ecke Klappergasse, geführt hatte. Jeden Tag waren wir bei ihm….

Das Hintergrundrauschen

Es gibt Ereignisse, die fallen einem einfach zu oder buchstäblich auf den Kopf und verändern oder beenden gar eines Menschen Leben. Man mag sie Zufall nennen oder Schicksal, da einem die Hintergründe und Zusammenhänge nicht bekannt sind – warum sich …

Der Mensch ist des Menschen Virus

Zwischen Apokalyptik und Erlösung: Der Traum eines lächerlichen Menschen. Grafik von Wiktor Piwowarow. Das Pandemiegeschehen der vergangenen anderthalb Jahre hat deutlich gemacht, wie ein unsichtbarer viraler Erreger sich verbreiten und durch Mutationen über längere Zeit sich behaupten kann….

Farbe bekennen

Anna Kim. Foto: EJ van Lanen Vor ein paar Monaten erhielt ich die Anfrage, ob ich einen Offenen Brief unterzeichnen würde, der folgendermaßen beginnt: „Am 13. April machte die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse ihre Shortlist öffentlich….

Stamina

Sandra Gugic.Foto: Dirk Skiba Die Augen öffnen, auf dem Rücken treiben, unter einem restlos zufriedenen Himmel, alles an dieser Situation könnte richtig sein, aber im ersten Stock öffnen und schließen sich unermüdlich Fenster. Am Morgen durften wir zwischen vier …

Am Rande der Welt

Günter Eich, Schluchsee, Mai 1950. Foto: Nimbus, Kunst und Bücher Der Dichter Günter Eich (1907–1972) steht seit einiger Zeit nicht mehr auf der Agenda des Literaturbetriebs. Er firmiert heute in Lexika als „Kahlschlag“-Literat und erfolgreicher Hörspielautor der Nachkriegszeit, der sich …

Das „O“ bei Hölderlin

Nach wochenlanger Hölderlin-Lektüre habe ich endlich Ben Lerners Essay The Hatred of Poetry gelesen, um vielleicht etwas zu finden, was mir all das nicht Verstandene zumindest ein bisschen erklärt. Darin gibt es den, wie ich glaube, bezwingenden und nahezu tautologischen …

Lücken

In der Kinderserie Pan Tau gibt es eine Folge, in der Menschen ihre Münder verlieren. Sie fallen einfach aus den Gesichtern, doch bevor sie auf dem Boden aufschlagen, öffnen sich die Lippen, und die Münder fliegen davon wie Schmetterlinge….