Blog vs. Feuilleton Oder Über Literaturbetriebswärme
Feuilleton vs. Blog, Etablierte vs. Randständige, Beruf vs….
Feuilleton vs. Blog, Etablierte vs. Randständige, Beruf vs….
Es ist nicht einfach, sich zu behaupten, weder in Sarajevo, wo „Menschen jeden Morgen mit dem Gedanken aufwachten: ›Lieber Gott, lass mich heute nicht sterben. Ich bin zu jung. Ich habe Besseres verdient‹“, noch in Heidelberg, der „Stadt voller Flachzangen“, …
Luc Spada ist eine literarische Erscheinung, ein Phänomen, ein Wetterleuchten am harmlosen hellgrauen Literaturhimmel Luxemburgs. So jedenfalls lautet die (Selbst-)Erzählung des 1985 geborenen Autors und Schauspielers. Das Image des jungen und frechen Typen hat Spada sich durch zwei Bücher, Poetry-Slam-Programme …
Wahrscheinlich, vermutlich, womöglich – im neuen Roman von Lukas Bärfuss wird ausgiebig gemutmaßt, sowohl vonseiten des Erzählers, der versucht, seine eigene Hauptfigur zu verstehen, als auch vonseiten eben jener Hauptfigur, die zwei Tage darauf verwendet, sich an die Spur einer …
Spät, ganz am Ende der Novelle „Aname“, werden in dem abgelegenen Holzkabuff irgendwo in der postkartig erhabenen Wildnis Kanadas die „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ von Fjodor Dostojewski gefunden. Wieso auch nicht? Nach fast 190 Seiten durchkonstruierter Details wundert man sich …
In der deutschsprachigen Literatur ist der Themenkomplex Wirtschaft immer wieder Gegenstand von Romanen, etwa in „Wenn wir sterben“ (2002) von Ernst-Wilhelm Händler, „Johann Holtrop“ von Rainald Goetz (2012) und „Das bessere Leben“ (2015) von Ulrich Peltzer. Nun trägt der 1976 …
[In unregelmässigen Abständen wird in der Rubrik „Über …“ der Versuch unternommen, Zitate aus der Literatur in Beziehung zu setzen mit dem, was im Heute & Hier geschieht. Bestenfalls zeigt die Rubrik, dass diese Texte nicht nur musealisiert werden sollen …
Nach mehr als dreißig Jahren ist der „Lëtzebuerger Schrëftstellerverband“, kurz LSV, Geschichte. Sein Ende nahm sich auf eine Art aus, wie eigentlich Geschichten von Glück und Förderung beginnen: mit der Überreichung eines überdimensionierten Schecks. Als finale Handlung im Dienste der …
Das kürzlich vorgestellte Rifkin-Dossier weissagt Luxemburg eine großartige Zukunft: Die Menschen sind hypermobil, die Umwelt ist geleckt und sauber, jedes Dach glänzt solaranlagenfarben. Alles ist grün und gut. Das Dossier ist ein Beispiel für das erste Narrativ unserer Zeit, ein …
Es beginnt mit einer Enttäuschung: „Doch es gab mir nichts mehr.“ Peter Praschl mag keine Fiktionen mehr lesen. Er leide an einem „Fiktionalitäts-Ennui“, schrieb er vor wenigen Tagen in der WELT….
Nora Wageners Texte schrumpfen vor sich hin. 2011 hat die Autorin aus Luxemburg mit dem Roman „Menschenliebe und Vogel, schrei“ ihr literarisches Debüt vorgelegt; es folgten 2015 das Theaterstück „Visions“ sowie der Erzählband „E. Galaxien“, der …
In „Glückliche Niederlagen“ sind stets Mängel am Werk. Immer wieder übermannt den Sprecher in den Gedichten die Gewissheit, Dingen nicht auf den Grund gehen zu können, weil die Wörter ihm letztgültig nicht ausreichen. In „Havel“ heißt es: „Auf dem Wasser …
Es ist so einfach wie selbstgefällig, Klugscheißer zu sein: Nein, das heißt nicht so. Nein, das spricht man anders aus. Nein, nach „wegen“ kommt Genitiv und nicht Dativ….
Wenn sich in einer Neuerscheinung ein kauziger Autor als Roger Wanderscheid vorstellt, Musikbands sich Namen geben wie „Die Toten Adenauers“ oder „Der letzte Wasserhahn“ und das Luxemburger Wort als „die dumme Zeitung“ bezeichnet wird, dann können wir (also die Schar …
[Vorgeplänkel: Nach der ersten Kritiche (Kritik + Pastiche) zu Sasa Stanišić´ Erzählband „Fallensteller“ sprach mich ein Freund an und meinte, das Format gewinne an Prägnanz, wenn man die Zitatnachweise wegließe. Die Kritiche sei vielmehr ein gutes Instrument, um die Aalglattheit …
Im deutschsprachigen Feuilletonbetrieb ist Kritik an der Kritik ein etabliertes und gelegentlich überstrapaziertes Korrektiv- und Innovationsmoment. Vor wenigen Tagen veröffentlichte beispielsweise Roman Bucheli in der NZZ den Artikel „Den Kannibalen fallen die Zähne aus“. Die im Artikel erwähnte …
Bilden Sie mal einen Satz mit … Ein Dichterwettstreit, so heißt das gute Buchstück, das Robert Gernhardt mit Klaus Cäsar Zehrer 2005 herausgegeben hat. Als hätten beide geahnt, dass eine gewisse Literaturkritikerin auch mehr als zehn Jahre später nicht zu …
Dass sich Christian Kracht am großen Prosastilisten Thomas Mann orientiert, wissen wir spätestens seit seinem Roman „Imperium“ von 2012 – und es scheint, als könne der Schweizer Autor seine Griffel einfach nicht vom Nobelpreisträger des Jahres 1929 ablassen. Mit „Die …
1947 veröffentlichte der Lyriker Günter Eich das Gedicht „Inventur“, das folgendermaßen einsetzt: „Dies ist meine Mütze, / dies ist mein Mantel, / hier mein Rasierzeug / im Beutel aus Leinen.“ Dies war die Stimme der deutschen Kriegsheimkehrer, derer, die …
I. Der Fluch des Jahresrückblicks Wir können ihn uns jetzt schon vorstellen, wie er durch sein schrill dekoriertes RTL-Studio schreiten, in seinem adretten Anzug etwas verloren herumstehen und mit seinem Welpenblick in die Kamera hineinsagen wird: „Dieses Jahr hielt für …
[Vorgeplänkel: Bei Sasa Stanišić´ Erzählband „Fallensteller“ ist mir erneut aufgefallen, was für eine horrende Anzahl an Kritiken produziert werden, die teilweise / größtenteils in einem publizistischen Hohlraum für und vor sich hinwabern. Wahrscheinlich übersteigen die online verfügbaren Kritiken …
Spätestens seit „loslabern“ von Rainald Goetz wissen wir, dass auch dem hemmungslosen Geschwätz eine literarische Qualität innewohnen kann. In dem 2009 erschienenen Büchlein pendelt der deutsche Autor zwischen Plauderei und Pöbelei und zieht dabei eine cholerische Sprachschneise durch die rhetorische …
Als Ronja von Rönne 2015 bei den „Tagen der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt teilnimmt, lässt sie die Hauptfigur in ihrer Erzählung nach Karlsruhe reisen: „Ich bin geschäftlich in Karlsruhe. Die Zeitungen schreiben, ich sei Teil der Generation Produktiv, und da …
Mit der Buchgestaltung fängt es an: rosa Streifen auf dem Coverbild, dann der ebenfalls rosa Titel „Die Tage, die Dinge“ auf dem Buchdeckel, zuletzt drei lila Lesebändchen. Es wirkt so, als hätte sich die Designabteilung von „Kremart“ für das Layout …
SH: In einem Ihrer Gedichte heißt es: „Fühlen Sie sich amüsiert? / Dann gehen Sie jetzt. / Gehen Sie schnell….